Marineuntersuchungsgefängnis

Briefe

Dieser Brief wurde von Kriegsgerichtsrat Meinert für wehrkraftzersetzend gehalten und nicht an den Adressaten weitergeleitet:
Kiel, 27.Z2.44
Lieber Janker,
meinen  herzlichen Dank für Ihren Brief, den ich allerdings erst vor kurzem erhalten habe. Besonderen Dank für Ihre guten Wünsche.- Ich nehme an, daß Sie inzwischen schon etwas über die letzten Begebenheiten auf „U-Sonnenschein“ gehört haben. Ich will es ansonsten kurz zu Ihrer Unterrichtung mitteilen. Als ich am 20.1. vom Urlaub zurückkam, wurde ich in L. verhaftet. Die Oblt. Abel und Druschel, sowie der neue II WO, hatten in meiner Abwesenheit, ohne daß ich davon etwas wußte, eine Meldung eingereicht, in der gegen mich schwerste Vorwürfe politischer u. teilweise militärischer Art erhoben wurden. Die Meldung stützte sich auf Äußerungen u.s.w. Auch das Abhören und Verbreiten fremder Sender wurde mir vorgeworfen. So fand am 26.1. vorm Kriegsgericht eine Verhandlung wegen Wehrkraftzersetzung und angeblicher Untergrabung der Manneszucht statt. Leider konnte ich gegen die versammelten Ankläger, die alle ihre Aussagen beeideten, keinen lückenlosen Gegenbeweis führen. Das Gericht sah demzufolge meine Schuld als gegeben an und verurteilte mich ohne Zubilligung zumindest mildernder Umstände zum Tode. – Seitdem sitze ich nun hier in Kiel im Untersuchungsgefängnis und warte auf die endgültige Bestätigung des Urteils oder eine Begnadigung. Der Führer selbst wird das entscheiden. Mir bleibt nichts anderes, als nun abzuwarten, was geschieht. – Es ist dies alles so traurig und schmählich, daß es sich erübrigt, darüber zu sprechen. Zudem müssen Sie ja selbst, der Sie die Stimmung im Boot kannten u. Stationsleiter waren, wissen, ob u. wie ich die Wehrkraft zersetzt und die Disziplin untergraben habe. Es ist sehr bitter, im Gefängnis als alter U-Bootmann und Kommandant über all dies Geschehen nachdenken zu müssen- Eine endgültige Entscheidung wird wohl noch einige Wochen auf sich warten lassen. Nun, hoffen wir trotz allem auf einen relativ günstigen Ausgang. – Über die letzte Fahrt haben Sie vielleicht von anderer Seite gehört. Leider blieb sie ohne Erfolg. Nur viel Flugzeuge u.s.w. Isensee ist inzwischen weg als U.O.Ausb. Ein tüchtiger Kerl. Er und 2 andere abkommandierte Leute waren die einzigen, die ich am Tag meiner Verhaftung sprechen konnte. – Lieber Janker, somit mein persönliches Schicksal. Ich wollte mich noch verheiraten. Aber daraus ist nun nichts geworden. – Alle guten Wünsche für Sie selbst. Vor allem völlige Gesundheit und ein anständiges Kommando.
Die besten Grüße sendet
Ihnen Ihr alter Kommandant Oskar Kusch

Quelle: Bundesarchiv PERS_15_71334

Henning von Foris war der Bruder von Inge von Foris, der Verlobten Kuschs. Leider ist der abgewiesene Brief nicht mehr erhalten, so dass man nur spekulieren kann, was darin gestanden haben mag.

Die Verlobte

Inge von Foris, Verlobte von Oskar Kusch, ca. 1945/46
Lebenslauf und Foto wurden freundlicherweise von Kristina van Eyck zur Verfügung gestellt. Danke!

Lebenslauf (geschrieben von Inge v. Foris, 1949)

„Ich, Ingeborg v. F o r i s, wurde am 7.8.1920 in Köln/Rh.geboren.
Ich besuchte die Vorschule Lehmann, Hamburg, Heilwigstr., die Oberrealschule Hamburg, Curschmannstr., und die Oberschule für Mädchen, Hamburg-Wandsbek, wo ich Ostern 1939 die Reifeprüfung bestand.
Vom April bis September 1939 genügte ich meiner Arbeitsdienstpflicht und lernte dann auf der Berliner Letteschule Maschineschreiben und Stenographie.
Vom März bis September 1940 arbeitete ich als Stenotypistin in der
Kanzlei des Oberkommandos d. Kriegsmarine in Berlin. Im Herbst 1940 begann ich mein Studium an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Ich studierte Kunstgeschichte, Archäologie, Geschichte, Lit.-Geschichte, Musikgeschichte u. Philosophie und promovierte am 20.4.1945 zum Dr. phil.. Vom November 1945 bis September 1946 arbeitete ich als Consultant beim amerikanischen Hauptquartier in Berlin, Abteilung Monuments, Fine Arts & Archives. Im Mai 1948 verliess ich Berlin, ging zunächst nach Hamburg und war freier Mitarbeiter beim Nachtprogramm des Nordwestdeutschen Rundfunks. Vom April 1949 bis August 1949 machte ich eine Studienreise nach Paris und übersiedelte dann endgültig nach München.“
1952 heiratete Inge von Foris den Schauspieler Peter van Eyck.